von Regine Reichwein
Warum lernen wir nicht schon in der Schule,
dass jeder Mensch ein besonderer Mensch ist, dass jeder Mensch in seiner eigenen Wirklichkeit lebt und für seine Gefühle, Gedanken und Handlungen „gute“ Gründe in sich selbst hat, die wir nicht kennen, wenn sie uns nicht gesagt werden?
Manchmal allerdings weiß dieser Mensch auch nicht genau, was er oder sie gerade fühlt, denkt oder will, umso wichtiger ist es, zu lernen, wie man es jeweils herausfinden kann.
◘ Und warum lernen wir nicht schon in der Schule, dass alle Menschen sehr empfindlich sind und dass es sie schmerzt, wenn sie unfreundlich behandelt werden?
◘ Warum lernen wir nicht schon in der Schule, neugierig, achtsam und voller Respekt für die Unterschiedlichkeiten miteinander umzugehen?
Warum lernen wir nicht schon in der Schule,
dass wir zwar Phantasien darüber haben, was andere Menschen fühlen, denken oder wollen, dass wir es aber nicht genau wissen können, solange wir sie nicht gefragt haben?
◘ Und warum lernen wir nicht schon in der Schule, dass es wichtig ist, über Ideen, Vorstellungen, Meinungen, Gebote und Verbote nachzudenken und auf ihre Bedeutung und ihre Konsequenzen hin zu überprüfen?
◘ Warum lernen wir nicht in der Schule, dass es zwar einen kleinen Unterschied gibt, ob wir etwas glauben zu wissen oder ob wir etwas zu wissen glauben, aber dass es einen großen Unterschied gibt zwischen Wissen und Glauben, auch wenn wir das meiste, was wir wissen, auch einfach nur glauben?
◘ Warum lernen wir nicht in der Schule, neugierig zu sein und vor allem, neugierig zu bleiben bis ins hohe Alter, weil wir erfahren haben, dass alles Neue, was wir uns aneignen, unsere eigene Welt bereichert?
◘ Warum lernen wir nicht schon in der Schule, wie wir freundlich, hilfsbereit, interessiert und auch auf eine konstruktive Weise kritisch miteinander umgehen können?
Diese Reihe von Fragen „Warum lernen wir nicht schon in der Schule...“ könnte ich noch beliebig lange fortsetzen, aber solche Fragen nach dem Warum führen zwar eventuell zu einleuchtenden Begründungen dafür, warum etwas so ist, wie es ist, aber sie führen nicht zu einer Veränderung der befragten Umstände.
Das liegt daran, dass wir – wie alle lebenden Wesen – selbstorganisierende Systeme sind. Diese sind so komplex und intern, aber auch mit ihrer Umwelt, über materielle und energetische Beziehungen so vernetzt, dass eindeutige Beziehungen zwischen Ursachen und Wirkungen nicht feststellbar sind.
Die Frage nach dem „Warum“ – nach den Ursachen – führt daher noch nicht dazu, dass sich die Bedingungen in den Schulen ändern, dass sich LehrerInnen anders verhalten, dass sich die Angebote erweitern, dass die Kinder untereinander anders miteinander umgehen usw.
Entscheidend ist die Frage, wie man die gewünschten Ziele erreichen kann.
Denn Veränderungen sind meiner Ansicht nach dringend erforderlich. Einige Veränderungen sind bereits beobachtbar. Es gibt Gewaltprävention an Schulen, die allerdings meist von schulfremden Personen durchgeführt werden.
Es gibt „Soziales Lernen“ als Schulfach und viele engagierte Lehrerinnen und Lehrer. Und es gibt viele engagierte Autorinnen und Autoren, die sich mit diesen Fragen beschäftigen und Veränderungsvorschläge erarbeitet haben.
Aber die Veränderungen sind nicht durchgängig und die Vermittlung von Faktenwissen scheint fast überall wichtiger zu sein als die Vermittlung davon, wie sich Menschen „menschlich“ gegenüber anderen Menschen und anderen Lebewesen verhalten können.
Sicherheit versprechende Ergebnisse werden offensichtlich immer noch stärker bevorzugt als sich auf Prozesse aller Art einzulassen, bei denen man meistens nicht weiß, wohin sie sich entwickeln. Aber einzelne Maßnahmen reichen wahrscheinlich nicht aus.
Es sind grundlegende Veränderungen der kulturellen Überzeugungen der lehrenden Personen notwendig, um die erwähnten Lernprozesse bereits bei den Kindern in Gang zu setzen.
Im Blogeintrag BLOGARTIKEL 7: “WIR OPFERN UNSERE KINDER“ will ich daher die grundlegenden Überlegungen aus meinen Büchern vereinfacht und zusammengefasst vorstellen. Der Blogeintrag ist etwas länger geworden und umfasst neun kleine Unterkapitel.
Und ich würde mich sehr darüber freuen, wenn Sie mir Ihre Gedanken dazu mitteilen würden.
©Autorenrechte Regine Reichwein
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